, Einsiedler Anzeiger / Magnus Leibundgut

«Berufsmesse ist geniale Idee»

An der Berufsmesse wollen Betriebe aus der Region Kontakt mit Schülern suchen und Kandidaten für Lehrstellen vor Ort treffen. Ebenso soll ein Netzwerk zwischen Unternehmen und Eltern aufgebaut werden. Christian Hitz vom Gewerbeverein Einsiedeln steht Red und Antwort.

Was hat den Ausschlag gegeben, dass die Berufsmesse ins Leben gerufen wurde? Betrieben fehlen vermehrt die Lehrlinge. Und ohne Lehrlinge mangelt es den Firmen an Fachkräften. So hat ein Mitglied des Gewerbevereins den Kontakt mit dem Vorstand aufgenommen, auf dass eine Plattform geschaffen werden kann, auf der sich Unternehmen präsentieren können. Die Idee ist genial: Regionale Firmen haben die Möglichkeit, ihre Lehrbetriebe und Berufe vorzustellen und in den direkten Kontakt mit Lehrstellensuchenden zu treten. Schülern soll aufgezeigt werden, welche Berufe es gibt und welcher Werdegang möglich ist. Eltern, Lehrer und Betriebe erarbeiten gemeinsam ein Netzwerk, können reden und sich austauschen. Wieso herrscht ein Lehrlingsmangel?

Ich weiss aktuell gerade, dass es schwer ist, zum Beispiel Kaminfeger-, Koch-, Metzger- oder Recyclistenlehrlinge zu finden. Ein Grund liegt darin, dass viele die Matura und ein Studium machen wollen, das Handwerk derweil aber wenig gilt. Oftmals liegt möglicherweise ein falsches Berufsbild vor. Die Berufsmesse hilft hier weiter mit Informationen und dient der Aufklärung. In welchen Bereichen sind Lehrstellen sehr gesucht und ein rares Gut? Sehr beliebt ist nach wie vor eine kaufmännische Ausbildung. Allerdings sind die schulischen Anforderungen eher hoch im KV-Bereich. Diejenigen Schüler mit sehr guten Noten zieht es dann eher in ein Gymnasium oder in die Kantonsschule. Es kann aber durchaus auch ein Schüler mit weniger guten Noten eine kaufmännische Lehre absolvieren. Hier ist es Willenssache des Schülers und Einstellung der Lehrbetriebe. Was ist die Folge, wenn alle an die Unis gehen? Das hat schwerwiegende Folgen für das Handwerk, wenn ihm die Fachkräfte ausgehen und damit die Qualität der Arbeit leidet. Welche Rolle spielt der Lohn bei der Entscheidung der Jugendlichen, welchen Berufsweg sie einschlagen wollen? In vielen Berufen liegt der Lehrlingslohn auf einem ähnlichen Niveau. Ich denke, dass für viele Lernende der erste Lohn doch sehr viel Geld ist, das sie jeden Monat auf die Seite legen können. Sich damit dann das erste eigene Auto zu kaufen, macht einen doch sicher stolz. Der Vorteil einer Berufslehre liegt darin, dass man nach der obligatorischen Schulzeit arbeiten und seinen eigenen Lohn verdienen kann. Nach der Lehrzeit gibt es viele Möglichkeiten für höhere Aus- und Weiterbildungen, um sich so die Treppe hochzuarbeiten.

Wollen sich die Jugendlichen heutzutage die Hände nicht mehr dreckig machen und lieber im Büro arbeiten statt draussen in der Kälte? Es hat bestimmt auch schon früher Lernende gegeben, die lieber auf einem Büro arbeiten. Ich denke jedoch, dass es viele begabte junge Handwerker gibt, die gerne in der Natur arbeiten würden. In vielen Handwerkerbetrieben arbeitet man im Vergleich zu früher vermehrt auch mit modernen Maschinen und neuen Techniken, die das Arbeiten vereinfachen.

Was sind die Folgen, wenn die Lehrstellen nicht mehr besetzt werden können? Als Lehrbetrieb bildet man Lernende aus, auf dass über Generationen hinweg gute Berufsleute erhalten bleiben. Wenn die Lernenden ausbleiben, so fehlen Berufsleute, die ihren Beruf von Grund auf gelernt haben. Die Folgen von unbesetzten Lehrstellen zeigen sich mittelfristig im Mangel an Fachkräften, der sich sehr negativ auf die ganze Branche auswirkt. Ohne Lehrlinge fehlen uns in Zukunft die Fachleute in den Betrieben. Müssen Betriebe deswegen aufgeben, auch in Einsiedeln? So dramatisch ist es im Klosterdorf noch nicht. Als Lehrbetrieb muss man jedoch am Ball bleiben, da in den Lehrplänen sowie in den Leistungs- und Lehrdokumentationen der Berufsverbände und Branchen laufend Anpassungen und Erneuerungen gemacht werden. Wenn man dann über Jahre keine Lernende mehr hat, so fehlt einem der Anschluss. Wichtig ist auch, dass man ausgebildete Berufsbildner im Betrieb hat. Wenn einem diese Berufsleute fehlen, ist eine Ausbildung von Lernenden nicht möglich.

Was müsste auf politischer Ebene passieren, dass der Lehrlingsmangel behoben werden könnte? Die Politik müsste das Handwerk in ein günstiges Licht stellen und für gute Rahmenbedingungen für das Gewerbe sorgen. Der Bezirk macht das ja auch, in dem er Betriebe unterstützt, die sich zum Beispiel erweitern wollen. Zu wünschen wäre, dass die Politik dem Gewerbe ausreichend Land zur Verfügung stellen könnte, auf dass es weiterwachsen kann. Löst sich das Problem des Lehrlingsmangels alleine dadurch, wenn die Zahl der Schüler nun wieder ansteigen wird? Wichtig ist, dass die Lehrbetriebe sich um Lernende bemühen und die Berufe interessant präsentieren. So ist es sicher auch möglich, dass die Lehrstellen wieder besser besetzt werden können.

Wie geht die Berufsmesse konkret über die Bühne? Am Vormittag ist die Messe für die Schüler reserviert: Sie lernen die Betriebe kennen, und umgekehrt erfahren die Firmen einiges über die Jugendlichen, die probehalber Bewerbungsgespräche führen. Ab 12 Uhr ist die Öffentlichkeit an die Berufsmesse eingeladen, die mit einem Podiumsgespräch unter der Leitung des Berufsberaters Stefan Braun startet. Um 15 Uhr gibt es ein Abschlussgespräch, um 16 Uhr endet die Veranstaltung.

Soll die Berufsmesse die Gewerbemesse ablösen? Die Berufsmesse soll in keiner Weise die Gewerbeausstellung konkurrenzieren. Die nächste Gewerbeausstellung wird voraussichtlich denn im Jahr 2021 das nächste Mal über die Bühne gehen – falls der Gewerbeverein Einsiedeln diesem Unterfangen zustimmt. Wie würden Sie den Stellenwert des Gewerbes einschätzen, den es in Einsiedeln hat? Das Gewerbe im Klosterdorf ist sehr vielseitig und facettenreich, auch wenn die Industrie keinen grossen Raum einnimmt. Sicher kann festgehalten werden, dass hierzulande knappe Land- und Platzverhältnisse für das Gewerbe anzutreffen sind. Um Einsiedeln weiterhin attraktiv zu gestalten, wäre es wünschenswert, wenn sich mehr Gewerbebetriebe im Klosterdorf ansiedeln würden. Wünschenswert wäre es gleichsam, wenn das Gewerbe in Einsiedeln mehr vom Tourismus profitieren könnte.

Die Berufsmesse Einsiedeln geht am 16. November, in der grossen Sporthalle in Einsiedeln, über die Bühne. Um 12.15 Uhr findet ein Podiums- und um 15 Uhr ein Abschlussgespräch statt. Die Messe endet am Samstag, um 16 Uhr.

«Ohne Lehrlinge fehlen uns in Zukunft die Fachleute in den Betrieben.» «Das Gewerbe in Einsiedeln müsste mehr vom Tourismus profitieren können.»

Christian Hitz vom Gewerbeverein Einsiedeln nimmt Stellung zum Lehrlingsmangel in der Region: «Um Einsiedeln weiterhin attraktiv zu gestalten, wäre es wünschenswert, wenn sich mehr Gewerbebetriebe im Klosterdorf ansiedeln würden.» Foto: Magnus Leibundgut